Falscher Mehltau (Plasmopara viticola)
auch Peronospora, Blattfallkrankheit oder als Lederbeerenkrankheit benannt
Foto: Karl Bauer, Krems
Die Krankheit wurde 1878 aus Nordamerika nach Europa (Südfrankreich) eingeschleppt. Durch Peronosporabefall kann es, wenn bei anhaltend feuchter Witterung die Rebe nicht rechtzeitig mit Fungiziden geschützt wird, zu sehr starkem Blatt- und Traubenbefall und damit zu schweren Ertragseinbußen kommen. Früher Blattverlust schwächt die Reben, führt zu einer schlechten Holzreife und erhöht damit die Winterfrostempfindlichkeit.
Krankheitsbild
- Nach einer erfolgten Infektion bilden sich nach einiger Zeit der Pilzentwicklung im Blattinnern runde, 2-3 cm große, helle, ölige Flecken auf der Blattoberseite, auf denen blattunterseits ein schneeweißer Pilzrasen entsteht.
- Stärker befallene Blätter vertrocknen und fallen nach einiger Zeit ab (Blattfallkrankheit).
- Auf den Gescheinen kann sich ebenfalls ein weißer Pilzrasen bilden – dieser wird bald gelblich, die Gescheine verkrümmen (ähnlich befallenen Triebspitzen und Ranken), verdorren und fallen ab.
- Junge Beeren und ihr Stielgerüst können gleichermaßen wie die Gescheine geschädigt werden.
- An älteren Beeren (etwa ab Erbsengröße) vermag der Pilz äußerlich keinen Sporenrasen mehr anzulegen, die Beeren verfärben sich bläulich, später braun und schrumpfen lederfaltenartig ein (Lederbeeren), manchmal ohne abzufallen.
- Bereits weiche, durchscheinende Beeren (mit Wachsüberzug) können vom Peronosporapilz nicht mehr befallen werden.
Ölflecken auf der Blattoberseite
Foto: K. Bauer, Krems
Pilzrasen auf der Blattunterseite
früher Befall – junge Beeren vertrocknen
Peronosporapilzausbruch auf Beeren
- Der Pilz überwintert in abgefallenen Rebblättern. Aus den Dauersporen entwickeln sich im Frühjahr die ersten Keimbehälter (Primärsporangien) mit den Wintersporen. Der Reifevorgang wird von der Temperatur, vor allem aber von den Niederschlägen beeinflusst. Je feuchter die Monate März und April, desto früher und je trockener diese Monate, umso später ist die Reifung der Oospore möglich.
Primärinfektion (= Erstinfektion)
- reife Primärsporangien an den Oosporen
- heftiger Regen (5-10 mm innerhalb von 2-3 Tagen) zur Durchnässung des Falllaubes und Übertragung (großtropfiger Starkregen mit ausreichender Spritzhöhe mit Wind) der Zoosporen – je höher das Erziehungssystem, umso schwieriger und später kann eine Erstinfektion erfolgen
- genügend lange Blattnässe (4-6 Stunden) in Verbindung mit ausreichend hoher Temperatur (mindestens 10° C über 24 Stunden)
- anfällige Rebteile, d. h. junge, grüne Organe mit offenen Spaltöffnungen (2-3 Blätter entfaltet, 10 cm lange grüne Triebe). Gescheine sind besonders anfällig (trocknen auch langsam ab); daher kann ein Gescheinsbefall durch eine Primärinfektion auftreten, ohne dass vorher ein Blattbefall zu beobachten war.
Sekundärinfektionen
- Infektionsfähige Sporangien bzw. Zoosporen
- durchgehender Benetzung der Blattunterseite mit tropfbar flüssigem Wasser (durch Regen oder Tau) in der eine Temperatursumme von 50 Gradstunden erreicht wird
- Anfällige Rebteile (junge Blätter ab 2 cm Durchmesser, Triebspitzen, Geiztriebe, Ranken, Gescheine, junge Beeren bis zur Erbsengröße und ihr Stielgerüst) – ältere Blätter sind für den Pilz wenig attraktiv – reifende Beeren sind ab Weichwerden bzw. Färben nicht mehr direkt befallbar, da die Spaltöffnungen bereits verkorkt sind
- Für den Infektionsvorgang besteht eine konkrete Beziehung von Temperatur und Blattnässedauer, die als Temperatursumme (Produkt aus Temperatur und Blattnässedauer in Stunden) ausgedrückt werden kann. Für eine Infektion ist eine Temperatursumme (nach BLAESER) von mindestens 50 Gradstunden (bei älteren Sporangien >100 Gradstunden) notwendig. Je höher die Temperatur ist, desto kürzer kann die Blattnässedauer sein; massive Infektion und starke Ausbreitung setzt großtropfigen Regen mit starkem Wind voraus.
- Infektionen sind sowohl nachts als auch bei vollem Tageslicht möglich; optimale Vermehrungsbedingungen für den Pilz sind gegeben, wenn einem nächtlichen Ausbruch ein warmer Regentag folgt oder eine dichte Laubmasse erst am späten Vormittag abtrocknet.
Inkubationszeit
Ausbruch der Sommersporangien (Sporulation)
- Vorhandensein von Ölflecken (bei sehr günstigen Bedingungen für die Peronospora (dunkel – feucht – warm) kann der Pilzrasen ohne vorheriges Erscheinen von Ölflecken ausbrechen)
- eine ununterbrochene Blattnässedauer auf der Blattunterseite bzw. 98 % relative Luftfeuchte im Bestand von mindestens 4 Stunden wird die Nässeperiode für nur 20 Minuten unterbrochen, so sind bei erneuter Benetzung wiederum 4 Stunden Nässe erforderlich
- während der Nacht (zwischen 22 und 4 Uhr) und gleichzeitig eine
- Temperatur von mindestens 13 °C (zu Blattnässebeginn mindestens 12,5 °C und bei Ende der Dunkelphase mindestens 11 °C
Bekämpfung
Vorbeugende Maßnahmen
- Rechtzeitige Durchführung der Laubarbeiten.
- Mäßige Stickstoffdüngung.
Chemische Maßnahmen
- Auf Hinweise des Warndienstes achten!
- Witteung beobachten – Wetterprognosen in die Entscheidungen mit einbeziehen –Witterungsdaten (Link zu den Standorten) von Kleinwetterstationen geben wertvolle Hinweise.
- Ein Peronosporaprognosemodell gibt Hinweise über die Infektion, Entwicklung und mögliche Sporulationenen.
- In niederschlagsarmen Anbaugebieten und Jahren besteht erst Anfang Juni Peronosporagefahr. In manchen Jahren kann es im Trockengebiet in niederschlagsreichen Frühjahren bzw. Sommern zu einer starken Entwicklung von Peronospora kommen.
- Wichtigster Bekämpfungstermin Blüte/abgehende Blüte (wie bei Oidium!).
- In niederschlagsreichen Gebieten und Jahren können Erstinfektionen schon frühzeitig auftreten und die Krankheitsentwicklung entscheidend beeinflussen. Fallen im Monat Mai bis Juni innerhalb von ca. zwei Wochen über 100 mm Niederschlag, muss mit einer raschen Entwicklung des Peronosporapilzes gerechnet werden.
Weiterführende Literatur und Links
Quellen
- Quellen: „Weinbau“, Karl Bauer und Mitarbeiter, 8. Auflage 2008, Österreichischer Agrarverlag, Wien, ISBN 978-3-7040-2284-4
„Krenkheiten, Schädlinge und Nützlinge im Weinbau“, H. Reisenzein, F. Polesny, E. Höbaus; Österreichischer Agrarverlag, Wien, ISBN 978-370402319-3